Erwachsensein für Anfänger
Kurz nach meinem Geburtstag 2001 erstellte ich den ersten öffentlichen Tagebucheintrag, damals noch unter einer anderen Domain. Im Laufe der Jahre nannte ich es zwar blog, aber seien wir ehrlich, es blieb ein Tagebuch. Das war ein Ort, an dem ich meine Gedanken aufschreiben konnte und der mir durch einige schwierige Phasen in meinem Leben half. Im Dezember 2015 schloss ich schaTTenzeit. Nach fast 15 Jahren hatte ich keine Lust mehr zu schreiben. Und ich trat nach meinem Studium ins Arbeitsleben ein, da wollte ich auch nicht, dass zukünftige Arbeitgebende oder Arbeitskolleginnen und -kollegen so viele private Gedanken von mir lesen konnten. Wäre etwas merkwürdig gewesen, hätte jemand die Einträge von 2001 gelesen und dann diese Person erwartet, während ich mich doch in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hatte. Die Domain behielt ich, denn irgendwann wollte ich hier wieder etwas veröffentlichen. Nur was es sein sollte, dazu hatte ich lange keine gute Idee.
Und dann, im Oktober des verrückten Coronajahrs 2020, packte mich wieder die Schreiblust. Es sollte aber kein Tagebuch mehr sein. Ich wollte über die Dinge schreiben, die ich 2020 gelernt hatte, über Investitionen in Fonds, Budgetplanung und Minimalismus. Über Reisen und Bücher. Über Sachen, die einem niemand erklärt, die man als Erwachsener aber offenbar einfach wissen muss.
Weil: Erwachsen fühle ich mich noch lange nicht. Meine Freundin schlägt mir zwar für mein Datingprofil die Beschreibung: „Humorvoll, locker, junggeblieben“ vor. Autsch. Und der Bundesrat publiziert am 12.01.2021 eine Medienmitteilung:
„viamia: Kostenlose berufliche Standortbestimmung und Beratung für über 40-Jährige
Bern, 12.01.2021 – Die Arbeitswelt wandelt sich rasch. Deshalb ist es wichtig, die berufliche und persönliche Situation regelmässig zu analysieren und die eigene Laufbahn aktiv zu gestalten. Ab Januar 2021 können über 40-Jährige in elf Kantonen eine kostenlose berufliche Standortbestimmung und Beratung in Anspruch nehmen. Finanziert werden diese Pilotprojekte zu 80% vom Bund und zu 20% von den Kantonen.
Der Erhalt und die Verbesserung der Chancen älterer Erwerbstätiger auf dem Arbeitsmarkt sind in jüngerer Zeit vermehrt ins Bewusstsein von Politik und Medien gelangt. (…)“
Doppelautsch.
Erwachsen, das fühl ich mich immer noch nicht. Ich werde dieses Jahr 42, habe weder Kinder (zum Glück, soll so bleiben) noch einen Partner (daran arbeite ich). Beides gibt einem ja offenbar sofort eine Erwachsenen-Credibility (vielleicht sollte ich Gangsta werden, Street-Credibility könnte ich noch erreichen). Stattdessen fällt mein Fazit positiv aus: Beruflich habe ich Spass mit Zahlen. Privat auch. Meinen Freundeskreis sehe ich zwar aktuell nur per Videochat, aber es gibt ihn, wie ich mir das zu meinem 30. Geburtstag vorgenommen hatte. Mir geht es gut, der Familie geht es gut. Meine Rechnungen zahle ich pünktlich – meistens. Meine Wohnung ist vertretbar sauber, obwohl ich aktuell keine Reinigungsperson habe. Ich lese, ich schaue zu viel Serien, ich halte mein Gewicht (wenn auch hartnäckig drei Kilo höher als gewünscht). Ich nutze offensichtlich noch immer viel zu viele Klammern im Text, aber nur, weil Fussnoten in einem Blog komisch wären. Und mühsam, wer mag schon so viele Anker setzten. Draussen fährt grad jemand auf Langlaufskis über die Strasse, weil aufgrund der Schneefälle in den letzten Tagen sicher ein Meter Schnee liegt. Das hab ich hier noch nie gesehen und muss das nun gleich für die Nachwelt festhalten.
Wo war ich? Genau. Mein Leben passt also. Und weil ich immer schreibe, was ich selbst lesen will, werde ich das wieder tun. In der Hoffnung, dass ein paar Menschen die Tücken des Erwachsenseins besser meistern. Und wer weiss, vielleicht kommen ja auch ein paar gute Tipps und Tricks an mich.
Also: Hallo, ich bin zurück.
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